Ergebnisse der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS · 6)
Welche Folgen hat die Zunahme der Zahl erhaltener Zähne im Alter sowie die Abnahme absoluter Zahnlosigkeit? Wie haben sich prothetische Versorgungsmuster hierzulande verändert? Die Analyse der DMS · 6 und der Vergleich mit den vorangegangenen Studien DMS III bis V geben Aufschluss.
Die DMS · 6 ist ein Mammutunternehmen: Für die Mundgesundheitsstudie wurden von 2021 bis 2023 in 90 Untersuchungszentren rund 3.400 Menschen aus verschiedenen Alters- und sozialen Gruppen in einer repräsentativen Erhebung befragt und zahnmedizinisch-klinisch untersucht. Federführend war Prof. Dr. Rainer Jordan, Wissenschaftlicher Direktor des IDZ.
Interessant für die Entwicklung der prothetischen Versorgung der in Deutschland lebenden Bevölkerung sind die beiden Gruppen „Jüngere Erwachsene“ (JE; n = 927, 35–44 Jahre) und „Jüngere Senioren“ (JS; n = 797, 65–74 Jahre). Für die Analyse der prothetischen Versorgung in Deutschland wurden neben dem Zahnstatus auch Daten zum abnehmbaren und festsitzenden Zahnersatz erhoben. Der Anteil der einzelnen Versorgungsformen an der Gesamtversorgung wurde analysiert. In die DMS · 6 flossen zudem der Zustand des Zahnersatzes sowie das Ausmaß und der Aufwand einer möglichen Wiederherstellung ein – was hier jedoch nicht Thema sein soll.
Entwicklung Zahnverlust/erhaltene Zähne
Die Prävalenz der Zahnlosigkeit bzw. die Anzahl fehlender Zähne zeigt auf, wie viele Zähne potenziell prothetisch ersetzt werden könnten. Laut den Ergebnissen der DMS · 6 liegt die Zahnlosigkeit bei den JE bei nur 0,1 %, die durchschnittliche Anzahl fehlender Zähne beträgt 1,4. Diese niedrigen Werte spiegeln wider, dass diese Gruppe von Kindesbeinen an von Prophylaxe profitiert hat.
Auch bei den jüngeren Seniorinnen und Senioren (JS) in Deutschland geht die Prävalenz von Zahnverlust und Zahnlosigkeit weiter zurück (Abb. 1). Die Zahnlosigkeit liegt in dieser Gruppe bei 5,0 % und hat sich damit gegenüber der DMS V (12,4 %, 2014) mehr als halbiert. Die mittlere Anzahl fehlender Zähne (8,6) ist im Vergleich zu DMS IV (14,1) und DMS V (11,1) ebenfalls deutlich gesunken – ein Erfolg der Sekundärprävention.
Für die prothetische Versorgung bedeutet das: In den Gruppen der JE und JS müssen weniger Zähne ersetzt werden. Zahnersatz könnte sich dadurch einerseits ins höhere Alter verschieben, andererseits könnte sich der Bedarf auch auf einem niedrigeren Niveau stabilisieren. Mit der gestiegenen Anzahl erhaltener Zähne existieren jedoch auch mehr Zähne, die bereits erkrankt sein könnten oder potenziell erkranken können und eine Kronenversorgung benötigen.
Prothetik –
Zahlen und Fakten
Die DMS · 6 zeigt: In der Gruppe der JE werden im Durchschnitt die fehlenden Zähne durch 0,2 Brückenglieder, 0,1 Zähne eines abnehmbaren Zahnersatzes und 0,1 Implantate ersetzt. Annähernd ein Zahn bleibt unversorgt (0,9).
Bei den JS werden die fehlenden Zähne durch 1,5 Brückenglieder, 4,5 Zähne eines abnehmbaren Zahnersatzes und 0,7 Implantate ersetzt. Meistens werden also Prothesenzähne für verlorene Zähne eingesetzt (4,5). Insgesamt sind bei den JS 63 % der fehlenden Zähne ersetzt; 2 Zähne bleiben unversorgt.
Veränderungen auf Zahnebene
Im Vergleich zur DMS V (JS: 11,1 fehlende Zähne, 7,5 Prothesenzähne, 1,6 Brückenglieder und 0,2 Implantate) zeigt sich in der Gruppe der jüngeren Seniorinnen und Senioren der DMS · 6 ein Rückgang abnehmbaren Zahnersatzes sowie ein leichter Anstieg bei Implantatversorgungen. Dennoch werden die meisten Zähne in dieser Gruppe weiterhin durch Prothesenzähne ersetzt.
Prothetische Leitversorgung – schon einmal gehört?
Die prothetische Leitversorgung zeigt an, wohin die Reise geht: Das Konzept beinhaltet eine hierarchische Abstufung und spiegelt das Ausmaß der notwendigen Intervention wider. Die Hierarchie reicht von keiner Versorgung (keine Notwendigkeit oder unversorgte Lücken), über Kronen, festsitzenden Zahnersatz (Brücken oder Implantate), herausnehmbaren Zahnersatz (Teilprothesen) bis hin zur höchsten Stufe – der Vollprothese in mindestens einem Kiefer.
Die Typisierung bedeutet beispielsweise: Wer mindestens eine Krone, aber keine Brücke, Implantate oder Prothese hat, wird der Kategorie „Kronenversorgung“ zugeordnet. Wer zur Gruppe „Teilprothese“ gehört, kann ebenfalls Kronen oder Brücken haben, jedoch keine Totalprothese. So lassen sich Entwicklungen in der restaurativen Versorgung nachvollziehen [1].
Trend in der prothetischen Leitversorgung
Bei den JS macht die Leitversorgung durch Teilprothesen heute einen geringeren Anteil aus als früher (Abb. 2). In DMS · 6 hatten 16,1 % eine Kronenversorgung, 47,8 % festsitzenden Zahnersatz (Brücken, Implantate), 19,1 % eine Teilprothese und 10,8 % eine Vollprothese. Zum Vergleich: In DMS V hatten 11 % eine Kronenversorgung, 36,6 % festsitzenden Zahnersatz, 28 % eine Teilprothese und 17,8 % eine Vollprothese.
Der Trend geht zu festsitzendem Zahnersatz – insbesondere Kronen und Brücken – und, auf niedrigem Niveau, auch zur Implantatversorgung. In der DMS · 6 kommt über die Hälfte der JS mit diesen Versorgungsarten aus. „Insgesamt hat damit der festsitzende Zahnersatz in dieser Altersgruppe den abnehmbaren Ersatz als dominierende Leitversorgung abgelöst“, stellt das IDZ fest.
Ein weiterer kontinuierlicher Trend der letzten 17 Jahre ist der Rückgang der Vollprothesen – infolge der gesunkenen Zahnlosigkeit. Die Anzahl der fehlenden Zähne, die nicht ersetzt werden, hat sich seit DMS III kontinuierlich auf etwa zwei erhöht. Gründe hierfür sind unter anderem veränderte Versorgungskonzepte (nicht jeder Zahn muss ersetzt werden) sowie die insgesamt reduzierte Zahnlosigkeit.
Fazit: Zahnverlust, Zahnlosigkeit und prothetische Versorgung
Die Daten der DMS · 6 zeigen eine weitere Morbiditätskompression im Vergleich zur DMS V. Die totale Zahnlosigkeit ist weiter zurückgegangen – als Folge des Paradigmenwechsels von einer kurativen Krankenversorgung hin zu einer präventionsorientierten Gesundheitsversorgung. Der Trend in der prothetischen Leitversorgung verschiebt sich hin zu festsitzenden Versorgungsformen. Dennoch werden viele Zähne weiterhin durch Prothesenzähne ersetzt.
Abbildungen unter
deutsche-mundgesundheitsstudie.de; ©IDZ
Abb. 1: Fehlende Zähne und Zahnlosigkeit
Abb. 2: Prothetische Leitversorgung in der Gruppe der jg. Seniorinnen und Senioren
Quellen:
1. Kerschbaum Th. Zahnverlust und prothetische Versorgung. Micheelis, Schiffner Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV). Köln; IDZ Deutscher Zahnärzteverlag 2006
Alle Zahlen und Fakten aus:
Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie DMS · 6 deutsche-mundgesundheitsstudie.de
A. Rainer Jordan, Wolfgang Micheelis (Gesamtbearbeitung), Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V), Herausgeber: Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Köln, 2016. ISBN 978-3-7691-0020-4.