Mehr Bewusstsein für zahngesunde Ernährung
Dass Ernährung und Zahngesundheit eng miteinander verknüpft sind, ist keine neue Erkenntnis. Karies, Parodontitis und Zahnerosionen werden nach aktueller Evidenz durch Ernährungsgewohnheiten beeinflusst. Aktuell bestätigt die Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS • 6), dass ein zu hoher Zuckerkonsum die Zahngesundheit der deutschen Bevölkerung beeinträchtigt [1].
Bei der Analyse der Teilgruppen, die am häufigsten Zucker zu sich nehmen, zeigten sich systematische Unterschiede in der Karieserfahrung. Hierzu wurde der Marburger Zucker Index [2] für die Häufigkeit des Zuckerkonsums herangezogen und hiervon die jeweils oberen und unteren 10 % als Teilgruppen betrachtet. Nach der Teilgruppenanalyse haben 12-Jährige und jüngere Senioren, die häufig Zucker konsumieren, mehr Karies. Die Autoren der DMS • 6 fordern daher ein stärkeres Bewusstsein für zahngesunde Ernährung – insbesondere bei vulnerablen Gruppen wie Kindern und älteren Menschen.
Zahnärztinnen und Zahnärzte als Präventivmediziner
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat im Mai 2025 ein Positionspapier zum Thema Ernährung veröffentlicht [3]. Darin formuliert sie Handlungsempfehlungen und sieht überdies Zahnärztinnen und Zahnärzte an der Schnittstelle zur Allgemeinmedizin als Präventivmediziner hinsichtlich von Erkrankungen mit Risikofaktor Fehlernährung.
Übergewicht, erhöhte Cholesterinwerte, Diabetes, Bluthochdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen zählen ebenso zu den ernährungsassoziierten Gesundheitsrisiken wie bestimmte Krebsarten. Die Zahnarztpraxis als die häufigste präventionsbezogene Anlaufstelle im Gesundheitssystem bietet eine ideale Plattform zur frühzeitigen Aufklärung und zur Stärkung von Zahn- und Allgemeingesundheit durch Ernährungsberatung.
Zahngesunde Empfehlungen
Wie die konkreten Empfehlungen für eine zahn- und allgemeingesunde Ernährung gegenüber Patienten ausfallen sollten, wurde evidenzbasiert im Positionspapier der BZÄK dargestellt:
- Zucker reduzieren: Die tägliche Aufnahme sollte 25 bis maximal 50 g Haushaltszucker nicht überschreiten [4]. Zucker und andere raffinierte Kohlenhydrate fördern Karies und wirken entzündungsfördernd auf das Zahnfleisch [5].
- Vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung bevorzugen: Natürliche, gering verarbeitete Lebensmittel wie Vollkornprodukte und Obst sollten hochverarbeiteten, ballaststoffarmen Produkten (z. B. Weißmehl, Säfte) vorgezogen werden. Eine ausreichende Vitamin-B12-Versorgung sollte dabei sichergestellt sein [6].
- Vielseitig und nährstoffreich essen, damit wichtige Nährstoffe wie Vitamine, Mineralien und Spurenelemente dem Organismus ausreichend zugeführt werden. Für Zähne und Parodont sind die Vitamine A, B, C, D, E und Kalzium förderlich [7]. Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sollten idealerweise täglich auf den Tisch kommen.
- Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren in Fisch, Algenöl, Leinsamen und Nüssen zu sich nehmen; entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren meiden [8].
- Ausreichend trinken: Besonders im Sommer wichtig – mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit täglich, bei Hitze oder körperlicher Aktivität mehr.
- Säurehaltige Zwischenmahlzeiten und Getränke vermeiden: Diese fördern die Zahnerosion.
Call to Action: Zahnarztpraxen als Ernährungs-Kompetenzzentren
- Ernährungsberatung in der Praxis verankern
Die zahnärztliche Kontrolluntersuchung und PZR bieten ideale Anlässe, um über eine (zahn-)gesunde Ernährung aufzuklären – als dritte Säule der Prävention neben Mundhygiene und Fluoridierung. Auf diese Weise kann das Bewusstsein von Patientinnen und Patienten für Ernährung geweckt werden. - Forschung stärken
Mit der 2024 gegründeten D-A-CH-Gesellschaft für Ernährungszahnmedizin e. V. legt Prof. Johan Wölber (Universitätsklinikum Dresden) den Grundstein für eine evidenzbasierte, interdisziplinäre Weiterentwicklung des Fachs.
Siehe: https://dgezm.de/ - Ernährungszahnmedizin in Lehre und Fortbildung integrieren
Das Thema „Ernährungszahnmedizin“ sollte in universitäre Bildung sowie Fort- und Weiterbildung aufgenommen werden. Im Bereich Parodontologie an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden wurde die Ernährungszahnmedizin von Prof. Johan Wölber bereits als neues Studienfach eingeführt. - Politische Rahmenbedingungen verändern
Die BZÄK befürwortet politische Einflussnahme, um Ernährungsgewohnheiten in der Bevölkerung zu lenken: Unter anderen die Forderungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“, Zucker nicht mehr als Grundnahrungsmittel zu klassifizieren und damit die Mehrwertsteuer entsprechend anzuheben, sowie gleichzeitig den Mehrwertsteuersatz auf Obst und Gemüse in Bio-Qualität, auf Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie auf Mineral- und Tafelwasser abzusenken [3].
„Al Dente“: zahngesund genießen mit den Professoren Tennert und Wölber
Wie sich eine zahngesunde Ernährung konkret und schmackhaft umsetzen lässt, zeigen Prof. Dr. Christian Tennert und Prof. Dr. Johan Wölber in ihrem neuen Kochbuch „Al Dente“ [9]. Die Rezepte sind frei von zugesetztem Zucker und Weißmehl und setzen auf ballaststoffreiche, nährstoffdichte Zutaten – von herzhaften Hauptgerichten bis zur zuckerfreien Nachspeise.
„Al Dente“ ist mehr als ein Kochbuch – es ist ein Praxisratgeber für alle, die Prävention auf den Teller bringen wollen.
Quellen
- Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie DMS • 6 http://www.deutsche-mundgesundheitsstudie.de/; letzter Zugriff 27.07.2025
- Was ist eigentlich der Marburger Zucker Index? Nachzulesen in: Klaus Pieper, Julia Winter, Monika Heinzel-Gutenbrunner, Jutta Margraf-Stiksrud; Association between a New Sugar Index and Caries Experience: Results of a Cross-Sectional Field Study. Caries Res 22 February 2019; 53 (2): 160–167. https://doi.org/10.1159/000486102
- Positionspapier „Ernährungszahnmedizin und Mundgesundheit“ der BZÄK unter www.bzaek.de/service/positionen-statements/einzelansicht/ernaehrungszahnmedizin-und-mundgesundheit.html
Fachliche Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen, Mai 2025© https://www.bzaek.de/service/positionen-statements/einzelansicht/ernaehrungszahnmedizin-und-mundgesundheit.html, letzter Zugriff 27.07.2025 - BMEL-Statistik [Internet]. Zucker, Glukose. Verfügbar unter: www.bmel-statistik.de/ernaehrung/versorgungsbilanzen/zucker-glukose; letzter Zugriff 27.07.2025
- Hujoel P. Dietary carbohydrates and dental-systemic diseases. J Dent Res. 2009;88(6):490-502.
- Wölber J. Einfluss der Ernährung auf die Mundgesundheit. Zahnmedizin up2date. 2020;14:379-394.
- Wölber J, Tennert C. Ernährungszahnmedizin. 1. Auflage. Berlin, Quintessence Publishing, 2022 :78-105.
- Simopoulos AP. An increase in the omega-6/omega-3 fatty acid ratio increases the risk for obesity. Nutrients. 2016;8(3):128.
- Al Dente. Das Kochbuch der Ernährungszahnmedizin 978-3-96257-354-6, 2024 erschienen im Narayana Verlag