Kostengespräche mit dem Patienten effektiv führen

Beim Patienten steht eine Behandlung an, die nicht komplett von der gesetzlichen und/oder privaten Krankenversicherung übernommen wird: In diesem Fall ist es gesetzliche Verpflichtung, den Patienten über die zu erwartende Eigenbeteiligung zu informieren. Dieses geht aus dem § 630a (3) des Patientenrechtegesetzes hervor: „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder geben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten in Textform informieren.“ Hiermit ist zunächst klargestellt, dass eine alleinige mündliche Aufklärung nicht ausreichend ist! Empfehlenswert ist immer die mündliche Beratung, kombiniert mit der gesetzlich geforderten schriftlichen Vereinbarung.

Im Praxisalltag begegnet uns diese Anforderung in allen Bereichen der zahnärztlichen Behandlung:
Beim gesetzlich versicherten Patienten handelt es sich hierbei z. B. um die Zuzahlung zu dentinadhäsiven Füllungen, zu endodontischen Behandlungsmaßnahmen, die der BEMA nicht hergibt, zu prophylaktischen Maßnahmen oder auch zur implantologischen Behandlung etc.

Auch beim privat versicherten Patienten sind nicht immer alle Leistungen im Erstattungsumfang enthalten. Hier benötigen wir zum Beispiel Faktorvereinbarungen oberhalb des Höchstsatzes der Gebührenordnung oder Vereinbarungen für rein kosmetische Leistungen.

Um den Patienten effektiv beraten zu können, ist es notwendig, die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen der Vereinbarungen zu beherrschen:

  1. Gesetzliche Regelungen im Bereich GKV/GOZ allgemein
  2. Festzuschussregelung im Bereich Zahnersatz für GKV-Patienten
  3. Mehrkostenvereinbarung nach §28 (2) SGB V (für die Zuzahlung zu Füllungen in der GKV)
  4. Vereinbarung nach BMV-Z § 8 (7) für Privatbehandlungen für GKV-Patienten, z. B. bei Implantatleistungen, professioneller Zahnreinigung, elektrometrischer Längenbestimmung, nicht richtlinienkonformen Wurzelbehandlungen etc.
  5. Vereinbarung nach §2 (3) der Gebührenordnung für Zahnärzte für alle medizinisch nicht indizierten Leistungen beim GKV- und Privatpatienten (z.B. rein kosmetische Leistungen, Wunschleistungen)
  6. Vereinbarung nach §2 (1) der Gebührenordnung für Zahnärzte für Faktorvereinbarungen außerhalb des gesetzlichen Rahmens (über 3,5fachem Faktor)

Ferner sollte bei der Kostenberatung unbedingt beachtet werden, welchen Versicherungsstatus der Patient aufweist:

  1. gesetzlich versichert
  2. gesetzlich versichert mit Zusatzversicherung
  3. gesetzlich versichert, Kostenerstattungsprinzip vereinbart / Privatabrechnung
  4. privat versichert
  5. privat versichert mit Beihilfebeteiligung
  6. privat versichert mit Basistarif (GOZ nur bis 2,0fach, GOÄ nur bis 1,8fach versichert)

Zu jedem Versicherungsstatus ist die Aufklärung individuell zu gestalten!

Praxisfall:

Bei der halbjährlichen Routineuntersuchung ergibt sich die Notwendigkeit der professionellen Zahnreinigung, außerdem entscheidet sich der Patient aufgrund eines nicht erhaltungswürdigen Zahnes nach entsprechender Aufklärung über mögliche Behandlungsalternativen für eine Implantatversorgung zur Aufnahme einer Krone. Ferner ist der Patient mit der Farbe seiner Zähne nicht zufrieden und wünscht eine Aufhellung (Bleaching) aus rein kosmetischen Gründen.

Nach Aufstellung der Kostenvoranschläge empfiehlt es sich, den Patienten zu einem separaten Kostenberatungsgespräch einzuladen. Diese Vorgehensweise ist der alleinigen schriftlichen Zusendung immer vorzuziehen, da der Patient erwartungsgemäß Fragen zu seiner Eigenbeteiligung, zum Ablauf der Korrespondenz oder auch zum Erstattungsverhalten seiner Krankenkasse / Privatversicherung hat.

Zum Zeitpunkt des Kostenberatungsgespräches im ruhigen Rahmen sollten die verschiedenen Formulare vorbereitet und übersichtlich für den Patienten zusammengestellt sein. Viele Praxen halten bei größerem Versorgungsumfang, insbesondere im prothetischen/implantatprothetischen Bereich, individuelle Patientenbroschüren, ggf. mit Erweiterung durch passendes Informationsmaterial, bereit.

Im vorliegenden Fall sind bei einem gesetzlich versicherten Patienten folgende Kostenvoranschläge/ Vereinbarungen notwendig:

1. Vereinbarung nach BMV-Z § 8 (7) für Privatbehandlungen (Professionelle Zahnreinigung, Implantatchirurgie), ggf. kombiniert mit einer Vereinbarung nach §2 (1) der Gebührenordnung für Zahnärzte für Faktorvereinbarungen außerhalb des gesetzlichen Rahmens (über 3,5fachem Faktor)

-> ggf. Zusatzversicherung vorhanden? Kostenvoranschlag auch dort einreichen

-> ggf. professionelle Zahnreinigung im GKV-Bereich erstattungsfähig? Rechnung nach der Behandlung bei der Krankenkasse einreichen

2. Heil und Kostenplan für Zahnersatz

-> Vor der Behandlung bei der Krankenkasse zur Genehmigung einreichen  

-> ggf. Zusatzversicherung vorhanden? Heil- und Kostenplan auch dort einreichen

3. Vereinbarung nach §2 (3) der Gebührenordnung für Zahnärzte (kosmetisches Bleaching)

-> Patienten aufklären, dass hier eine komplette Eigenbeteiligung anfällt!

Ist der Patient privat versichert, bekommt er einen Kostenvoranschlag für das private zahnärztliche Honorar, ergänzt durch einen Kostenvoranschlag für die zahntechnischen Leistungen (gemäß §9 der GOZ ist die Praxis bei zahntechnischen Kosten über 1000,- € verpflichtet, diesen anzubieten) sowie die Vereinbarung nach §2 (3) GOZ für das kosmetische Bleaching ausgehändigt. Ist die Praxis  darüber informiert, dass der Patient auch Beihilfe bezieht, sollte der Zahnarzt  auf die Besonderheit hinweisen, dass implantologische Leistungen VOR Behandlungsbeginn durch die Beihilfe genehmigt sein müssen, da der Patient sonst sein Recht auf vollständige Erstattung verwirkt und nur eine Pauschalbeteiligung zu erwarten hat, die wesentlich niedriger ausfällt!

Als Serviceleistung sollte die Praxis kompetent für Rückfragen zur Kostenplanung zur Verfügung stehen. Konkrete Aussagen zur Versicherungsleistung im Einzelnen gehören nicht in den Beratungsumfang!

Vor Behandlungsbeginn sollten alle genannten Formulare vom Patienten gegengezeichnet in der Praxis vorliegen. Nur dann haben ist eine rechtlich sichere Grundlage für die Behandlung selbst und die spätere Berechnung der Leistungen gegeben.

Die Abrechnungshinweise sind von der Autorin nach ausführlicher Recherche erstellt worden. Eine Haftung und Gewähr wird jedoch ausgeschlossen.                                                      

Sabine Schnug-Schröder, ZMV, Brilon