Komposit-Materialien: vielseitig, ästhetisch und langlebig

Direkte Restaurationen mit Kompositen sind nicht nur vielseitig einsetzbar, sondern sie schonen auch die Zahnhartsubstanz und sind weniger zeit- und kostenintensiv in der Verarbeitung als indirekte Restaurationen. Darüber hinaus: Sie halten länger als man vielleicht angenommen hätte.

Komposit-Werkstoffe haben hierzulande Amalgam in der direkten Versorgung weitgehend abgelöst. Die Indikationen für Komposite wurden dank Materialoptimierung und Verbesserung der Adhäsivtechnik nach und nach vom Einsatz im sichtbaren auch in den kaulasttragenden Bereich ausgeweitet, wie die S1-Handlungsempfehlung „Komposit im Seitenzahnbereich“ belegt: „Direkte Komposit-Restaurationen können nach der aktuellen Datenlage im Seitenzahnbereich zur Versorgung von Kavitäten der Klassen I und II erfolgreich eingesetzt werden“, heißt es dort [1].

Doch wie sieht es mit dem Überleben von Komposit-Restaurationen im kaubelasteten Seitenzahnbereich tatsächlich aus?

Im vergangenen Jahr erbrachte eine Metaanalyse, die verschiedene Materialklassen einbezog, positive Ergebnisse hinsichtlich der Überlebensraten von Komposit-Füllungen im Seitenzahnbereich und gab Aufschluss über Misserfolgsgründe. Die Wissenschaftler errechneten eine Überlebensrate für Komposit-Restaurationen nach 10 Jahren von 85-90 %. Die wichtigsten Gründe für Misserfolg waren Frakturen und Abnutzung (70 %), gefolgt von Karies am Randspalt (20 %) und verschiedenen weiteren Problemen wie Retentionsverlust, Verfärbungen, Randspalt etc. (10 %). Komposit-Restaurationen, die mit der Schmelzätztechnik befestigt worden waren, zeigten die beste Gesamtleistung. Die Langlebigkeit wurde nicht signifikant durch den Füllstofftyp oder die Viskosität des Komposits beeinflusst, wie die Wissenschaftler herausstellten. Auch gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Hybrid-, Mikrohybrid-, Nanohybrid- und Bulk-Fill-Kompositen in Bezug auf Farbanpassung, Oberflächentextur, Materialbrüche und die anatomische Form.

Studie: Heintze SD, Loguercio AD, Hanzen TA, Reis A, Rousson V. Clinical efficacy of resin-based direct posterior restorations and glass-ionomer restorations - An updated meta-analysis of clinical outcome parameters. Dent Mater. 2022 May;38(5):e109-e135. doi: 10.1016/j.dental.2021.10.018. Epub 2022 Feb 24. PMID: 35221127.

In der Versorgung nicht-kariöser Läsionen, z. B. im Erosions- und Abrasionsgebiss, sowie zur Versorgung von wurzelkanalbehandelten Zähnen kommen Komposite ebenfalls zum Einsatz. Eine Nachbeobachtung direkter Restaurationen am Züricher Klinikum über 11 Jahre zeigte beim Einsatz im Erosionsgebiss hohe Überlebensraten von Kompositen; Nacharbeiten waren allerdings in vielen Fällen notwendig. Über die Langlebigkeit höckerüberdeckender Komposit-Versorgungen gibt es nur wenige Daten. Ebenfalls wenig Evidenz gibt es dazu, ob Krone oder Komposit-Füllung auf wurzelbehandelten Zähnen bessere Erfolgsaussichten hat. Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2015 konnte hierzu nur eine Studie auswerten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass beide Versorgungen vergleichbare Ergebnisse hinsichtlich Misserfolg bzw. Überlebensrate zeigen.

Gute Überlebensprognose auch für Zahnformkorrekturen

Eine neuere Langzeit-Studie konnte zeigen, dass auch Zahnformkorrekturen mit Komposit im Frontzahnbereich als dauerhafte, qualitativ hochwertige Lösungen angesehen werden können. Diese werden durchgeführt, um beispielsweise durch eine Zahnverbreiterung einen Lückenschluss auf minimalinvasive Weise zu erreichen. Die Multicenter-Studie an drei Universitätskliniken bezog 667 direkte Formkorrekturen bei 198 Patienten im Zeitraum 01/2002 bis 12/2012 ein; die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 15,5 Jahre. Die Outcomes wurden nach den Kategorien Misserfolg, Überleben und Erfolg beurteilt. Als Erfolg konnten nach 2, 10 und 15 Jahren 98,8 %, 91,7 % und 77,6 % der Komposit-Restaurationen verbucht werden. Funktionales Überleben konnte nach 2 Jahren bei 100 %, nach 10 Jahren bei 98,9 % und nach 15 Jahren bei 98,5 % der Restaurationen festgestellt werden. Die Studie zeigte auch, dass direkte Formkorrekturen keinen negativen Einfluss auf die parodontale Gesundheit haben.

Studie: Frese C, Wohlrab T, Soliman S, Hahn B, Büsch C, Babai A, Krastl G, Wolff D (2020). A multicenter trial on the long-term performance of direct buildups in the anterior dentition – survival and quality outcome. J Adhes Dent 22(6): 573-580 

Was man über Komposite wissen sollte …

Verarbeitung: Komposite müssen sorgfältig verarbeitet werden, um die Langlebigkeit der Restauration zu gewährleisten. Bei dem Einbringen und Schichten der Materialien müssen Herstellerangaben genau befolgt werden. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Polymerisation zu richten: Die Belichtungszeit sollte keinesfalls zu kurz angesetzt, Abstand und Positionierung der Polymerisationslampe zur Füllung adäquat gewählt werden [1].

Reparatur: Eine Reparatur nutzt dem langfristigen Zahnerhalt und vermeidet – verglichen mit einer Neuversorgung – weiteren Verlust von Zahnhartsubstanz. Repariert wird mit Komposit – das ist nicht nur bei Komposit-Füllungen, sondern auch bei Keramik- und Metallrestaurationen möglich [2,3].

Kontraindikationen: Komposit-Restaurationen kommen nicht infrage bei Patienten, die gegenüber Inhaltsstoffen von Kompositen oder Adhäsiven Unverträglichkeiten zeigen [1]. Ebenso muss gewährleistet sein, dass der Arbeitsbereich gegen die Kontamination mit Speichel und Blut abgeschirmt werden kann, hier empfiehlt sich ein Kofferdam. [1].

 

Literatur

[1] S1-Handlungsempfehlung “Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich” (Langversion) AWMF-Registernummer: 083-028. Stand: Oktober 2016 - Gültig bis: Oktober 2021 (wird derzeit überarbeitet)

[2] Biermann J, Wiegand A: Restaurationen besser reparieren – Was geht mit den neuen Möglichkeiten? ZMK. 2019;35(5): 310-314

[3] Kanzow P, Hoffmann R, Tschammler C, Kruppa J, Rödig T, Wiegand A. Attitudes, practice, and experience of German dentists regarding repair restorations. Clin Oral Investig. 2017 May;21(4):1087-1093. doi: 10.1007/s00784-016-1859-3. Epub 2016 Jun 2. PMID: 27255959..