Ernährungswende unterstützen

Engagement für eine gesündere, zuckerreduzierte Ernährung

Im Dezember vergangenen Jahres schloss sich die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) dem Appell #ErnährungswendeAnpacken! an [1]. Dieser Appell geht aus einer Initiative des World Wide Fund for Nature (WWF) hervor, die es sich zum Ziel gesetzt hat, nicht nur eine gesündere, sondern auch sozial gerechtere, umwelt- und klimaverträglichere Ernährung in Deutschland zu etablieren.

Sicherlich nicht zuletzt aufgrund der weit gesteckten Ziele fand sich eine breite Unterstützung für den Appell. 15 Dachorganisationen, Verbände und Fachgesellschaften hatten bereits vor der BZÄK unterzeichnet; sie kommen aus den Bereichen Gesundheit, Soziales, Ernährung und Umwelt.* Die Bundeszahnärztekammer unterstützt das Engagement für eine gesunde Ernährung, da eine unausgewogene Ernährung und ein übermäßiger Zuckerkonsum bekanntlich auf Dauer sowohl der Mundgesundheit als auch der Allgemeingesundheit schaden [2].

Was sich ändern soll

Der Appell beinhaltet 10 konkrete Forderungen zur Ernährungspolitik. Zunächst soll eine „Zukunftskommission Ernährung“ mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen installiert werden, die gemeinsam bis Ende 2022 ein Leitbild für eine Ernährungswende entwerfen und darauf basierend eine Ernährungsstrategie propagieren sollen [3]. Des Weiteren steht die Forderung an die Bundesregierung im Raum, die Lebensmittel-Besteuerung zu überdenken, um eine lenkende Wirkung zu erzeugen. Gute Ernährung sollte zudem für alle Bürger erschwinglich und mehr Wissen über Ernährung in der Bevölkerung und in speziellen Berufsgruppen verbreitet werden. Weitere Forderungen betreffen die Standards und Finanzierung von Gemeinschaftsverpflegung und die Förderung eines nachhaltigen Obst- und Gemüseanbaus. Und: Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richtet, solle verboten werden [3].

Erste Erfolge sind sichtbar: Wie der WWF Ende Dezember 2021 mitteilte, werde die Ampelkoalition bis 2023 der Forderung nach einer Ernährungsstrategie für Deutschland nachkommen. Auch sind die Anhebung des Bio-Anteils in der Gemeinschaftsverpflegung auf 30 Prozent bis 2030 sowie Pläne zur Reduktion von Lebensmittelabfällen im neuen Koalitionsvertrag vorgesehen. Die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollen in der Gemeinschaftsverpflegung angewendet und Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel geschützt werden. Allerdings: Viele Nachforderungen seitens #ErnährungswendeAnpacken! stehen noch im Raum [4].

Zucker als „Störgröße“

Ausgewogene Ernährung ist insbesondere für die Kariesprophylaxe ein wichtiger Punkt. Gemeinhin wird die zahngesunde Ernährung als eine der „4 Säulen der Kariesvermeidung“ angesehen, mit Zahnpflege, Fluoriden und der zahnärztlichen Vorsorge als weitere Säulen. Gerade gesüßte Tees und Fruchtsäfte in Nuckelflaschen können bekanntlich großen Schaden anrichten, indem sie eine Early Childhood Caries (ECC) – auch Nuckelflaschenkaries genannt – hervorrufen.

Zucker wird nach neuerem Verständnis von Karies nicht mehr unbedingt als Hauptursache bezeichnet, sondern eher als „Störgröße“ gesehen, die negativ auf das Gleichgewicht im oralen Biofilm wirkt und dieses verschieben kann. Auch nach diesem aktuellen Verständnis wird Ernährungslenkung als eine sinnvolle Intervention gesehen [5.].

5 Teelöffel Zucker pro Tag sind genug

Bereits im Mai vergangenen Jahres befassten sich Sebastian Ziller von der Bundeszahnärztekammer und Anja Heilmann, University College London, in einem Artikel in der Zeitschrift Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz mit der Reduzierung des Zuckerkonsums [1]. Die Autoren sehen die Politik in der Pflicht, bessere Rahmenbedingungen der Ernährungssituation hierzulande zu schaffen. Denn: Die Deutschen verspeisen gemessen an der WHO-Richtlinie von 2015 zu viel „freien“ Zucker. Freie Zucker sind alle Mono- und Disaccharide, die Lebensmitteln und Getränken vom Hersteller, Koch oder Verbraucher zugefügt werden, wie auch die natürlich vorkommenden Zucker in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten. Nach Daten der Nationalen Verzehrstudie II (2005/2007) nehmen Männer 78 g und Frauen im Mittel 61 g pro Tag zu sich, statt unter den von der WHO empfohlenen 50 g zu bleiben oder – besser noch – nur 25 g zu konsumieren. Das sind nur 5 Teelöffel Zucker. Einige der vorgeschlagenen Strategien, um den Zuckerkonsum zu reduzieren, entsprechen denen im Appell #ErnährungswendeAnpacken. Auch hier findet sich der Wunsch nach einem Werbeverbot – gerade hinsichtlich ungesunder, zuckerreicher Lebensmittel für Kinder [1].

Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis hilft

An den niedergelassenen Zahnarzt richtet sich die Botschaft auch; so könnten  zahnärztliche Praxen ihren Patienten eine entsprechende Ernährungsberatung bieten, die optimalerweise auf dem aktuellen Stand der Ernährungsforschung und auf evidenzbasierten Methoden beruht. Und um den (versteckten) Zuckerverzehr bei Säuglingen und Kindern zu minimieren empfehlen die Autoren eine Zusammenarbeit mit Pädiatern, Gynäkologen und Hebammen.

Wie eine gesunde Ernährung aussieht, kann man kurz, knapp und praxistauglich auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) online nachlesen: www.dge/10regeln.

 

Weiterführende Links:

Übersicht des WWF zum Themengebiet Ernährung und deren Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit. Projekt Besseresser:innen – planetarisch kulinarisch (Ernährung in den Grenzen unseres Planeten): https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/besseresserinnen

Appell #ErnährungswendeAnpacken! Download unter https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/appell-ernaehrungswendeanpacken_2021.pdf

Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Informationen zum Thema Ernährung, u.a. 10 Basis-Regeln: https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

 

 

Literatur:

[1] BZÄK unterzeichnet Verbände-Appell „Ernährungswende jetzt anpacken!“16.12.2021; www.bzaek.de/presse/presseinformationen/presseinformation/bzaek-unterzeichnet-verbaende-appell-ernaehrungswende-jetzt-anpacken.html

[2] Heilmann A, Ziller S. Reduzierung des Zuckerkonsums für eine bessere Mundgesundheit – Welche Strategien sind Erfolg versprechend? Bundesgesundheitsblatt 2021;64:838-846

[3] Appell #ErnährungswendeAnpacken! Download unter www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/appell-ernaehrungswendeanpacken_2021.pdf

[4] Pressemeldung des WWF vom 26.11.2021: Koalitionsvertrag: Breites Bündnis begrüßt die Vorlage einer Ernährungsstrategie bis 2023 und fordert die Einbindung relevanter Akteure bei der Entwicklung; www.wwf.de/2021/november/ernaehrungswende-anpacken-aber-richtig

[5] Schwendicke F, Splieth C, Breschi L, Banerjee A, Fontana M, Paris S, et al. When to intervene in the caries process? An expert Delphi consensus statement. Clin Oral Investig. 2019;23(10):3691-703

 

 

 

*Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), Bundesvertretung der Medizinstudierenden Deutschland e.V. (bvmd), Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW), BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE), Deutsche Adipositas Gesellschaft e.V. (DDAG), Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM), Deutsches Netzwerk Schulverpflegung e.V. (DNSV), Ernährungsräte, Paritätischer Gesamtverband, Physicians Association for Nutrition (PAN), Slow Food Deutschland e.V.(SFD), Verband der Diätassistenten - Deutscher Bundesverband e.V. (VDD), World Wide Fund for Nature Deutschland (WWF). Initiiert wurde er von der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland.