Bundesweiter Klinik-Atlas:

Hilft er Patienten bei der Suche nach einer Zahn- bzw. MKG-Klinik?

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat am 17. Mai 2024 den interaktiven Bundes-Klinik-Atlas veröffentlicht. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) und dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) erstellt. Hält dieses Angebot, was es verspricht?

Über dieses neue Angebot sollen sich Patientinnen und Patienten schnell und umfassend über die rund 1.700 deutschen Kliniken informieren können. Sie sollen so in Erfahrung bringen können, welche Klinik welche Leistung mit welcher Qualität anbietet. „Mit wenigen Klicks können [Patienten] Kliniken vergleichen und für die benötigte Behandlung in ihrer Nähe die beste Klinik finden“, so Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach. Das Ziel: Transparenz als Basis für eine informierte Patientenentscheidung.

Nun hagelt es Kritik von vielen Seiten. Die Bundesärztekammer bemängelt, dass das neue Register zusätzliche Bürokratie schaffe und keinen echten Mehrwert für Patientinnen und Patienten biete. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die selbst eine etablierte Krankenhaussuche im Netz bietet, stellt zahlreiche Fehler und veraltete bzw. falsche Daten im Verzeichnis fest, die Patienten bei ihrer Suche nach einer geeigneten Klinik in die Irre führen könnten.

Selbsttest: noch nicht so viele Infos, manches nicht plausibel

Dies ist Anlass genug, das Angebot selbst zu testen. Für den Praxistest wurde in die einfache Suche des Bundes-Klinik-Atlas „Extraktion mehrerer Zähne eines Quadranten mit Glättung der Kieferknochen“ eingegeben. Die Suche ordnet solche Eingaben automatisch bestimmten Gruppen zu, aus denen der Suchende eine Auswahl treffen muss. In diesem Fall erfolgte die Zuordnung zum Behandlungsgebiet 5-230: „Zahnentfernung“. Gesucht wurde für den Standort „München“. Das LMU mit den Polikliniken für Prothetik bzw. Zahnerhaltung und Parodontologie führte in diesem Beispiel die Ergebnisliste mit 683 Fällen an. Diese werden im Atlas über ein Tachosystem (s. Abb. 1) als „sehr viele“ eingeordnet. Des Weiteren werden der Pflegepersonalquotient sowie – auf einer Unterseite – die Größe/Bettenanzahl der Klinik, Informationen zu spezieller Notfallversorgung und ausgewählte Zertifikate angegeben.

Die Logik hinter der Fallzahlangabe besteht darin, dass höhere Fallzahlen auf eine höhere Versorgungsqualität hindeuten, da Eingriffe mit zunehmender Fallzahl routinierter durchgeführt werden. Dass 683 Extraktionen als „sehr viele“ eingeordnet werden, ist nachvollziehbar. Bei einer anderen Klinik werden jedoch bereits 17 Extraktionen pro Jahr als „sehr viele“ ausgegeben (Abb. 2), was nicht plausibel erscheint und bei der Wahl einer geeigneten Klinik auch nicht hilfreich ist. Zumal die zuständige Abteilung oder Poliklinik auch nicht angezeigt wird, sondern nur das übergeordnete Krankenhaus.

Vergleich zum deutschen Krankenhausverzeichnis

Interessant ist auch der Vergleich zum bereits etablierten Angebot der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Deutschen Krankenhausverzeichnis. Darin wird insofern mehr Transparenz geboten, als dass die Behandlungsfallzahlen ICD-Codes zugeordnet sind, was beim Klinik-Atlas nicht der Fall ist. Fachabteilungen einer Klinik können im Krankenhausverzeichnis unkomplizierter aufgerufen werden und das Verzeichnis beinhaltet zumindest derzeit noch ausführlichere Informationen als der Atlas. So wird z. B. der Ärzteschlüssel angegeben, der derzeit im Klinik-Atlas noch fehlt. Interessant für Patienten sind sicherlich die jeweiligen TOP 10 der Krankheiten und TOP 10 der Behandlungen; auch ist die Fachexpertise, erworben durch Fachweiterbildungen und Zusatzweiterbildungen von Ärzten, einsehbar.

Die Suchfunktion ist bei beiden Angeboten nicht ganz einfach bedienbar. Beim hier beschriebenen Testlauf fielen beim Deutschen Krankenhausverzeichnis teilweise nicht nachvollziehbare Ergebnisse auf. So ergab die Suche nach einer Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie für Köln keinen Hinweis auf die Kölner Uniklinik mit der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie/ Poliklinik für Orale Chirurgie und Implantologie. Sogar wenn eine spezifische Leistung unter den TOP 10 Behandlungen einer Klinik aufgeführt ist, führte der Begriff in der Suche nicht unbedingt zu dem entsprechenden Ergebnis. Auch bietet dieses Portal keinen direkten Vergleich unter den Kliniken, der beim Bundes-Klinik-Atlas möglich ist.

Fazit: Perfekt ist nach diesem Testlauf keines der Angebote. Es ist schade, dass Kompetenzen nicht gebündelt wurden, um ein gemeinsames Angebot zu etablieren oder zumindest ein Testlauf mit allen Akteuren gestartet wurde, der die Schwächen des Bundes-Klinik-Atlas schnell zutage gebracht hätte. Patientinnen und Patienten kann man eigentlich nur empfehlen, beide Angebote vergleichend zu nutzen, um sich ein Bild zu machen.
Als weiteren Schritt hat das Bundesgesundheitsministerium zwei Updates in 2024 für den Atlas angekündigt: Qualitätsdaten zu den Komplikationsraten von Eingriffen sowie die Zuordnung der Krankenhäuser in Level und Leistungsgruppen sollen ergänzt werden. Man darf gespannt sein.

 

Bericht unserer Autorin Dagmar Kromer-Busch

 

Quellen:

 

www.bundes-klinik-atlas.de

www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de

Pressemeldung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 04.06.2024 zu den Problemen mit dem Bundes-Krankenhausatlas - Fehler in Lauterbachs Klinik-Atlas gefährden Patienten

Pressemeldung des IQTIG vom 17.05.2024: Bundesweiter Klinik-Atlas geht online

Bundesweiter Klinik-Atlas geht online. Homepage des Bundesgesundheitsministeriums; www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/bundesweiter-klinik-atlas-geht-online.html